Die Drei-Speichen-Regel zur Vermögensdiversifikation: Einfach, Effektiv und Zeitlos
Die Drei-Speichen-Regel ist eine bewährte Methode zur strukturierten Vermögensverteilung und gehört zu den grundlegendsten Prinzipien, um finanzielle Risiken zu mindern und Chancen zu nutzen. Die Idee hinter dieser Methode ist einfach: Teile dein Vermögen auf drei zentrale Anlageklassen auf, um eine breite Risikostreuung zu erreichen. Die drei „Speichen“ umfassen dabei folgende Kategorien:
- Sachwerte: Immobilien, Edelmetalle, Kunst und andere physische Werte.
- Finanzwerte: Aktien, Anleihen, Fonds und ähnliche Finanzanlagen.
- Geldwerte: Bargeld, Tagesgeld, Festgeld und weitere liquide Mittel.
Das Ziel ist, durch diese Aufteilung das Risiko zu streuen. Fällt eine Anlageklasse stark im Wert, können die anderen das potenziell ausgleichen und für langfristige Stabilität sorgen.
Ursprünge der Drei-Speichen-Regel im Talmud
Interessanterweise ist die Drei-Speichen-Regel keine moderne Erfindung, sondern hat ihre Wurzeln im Judentum. Schon im Talmud, einem der zentralen Texte des Judentums, wird zu einer ähnlichen Aufteilung des Vermögens geraten. Der Talmud vereint religiöse, moralische und alltagsnahe Ratschläge, einschließlich des klugen Umgangs mit Geld.
Darin heißt es:
„Der Weise sollte sein Vermögen in drei Teile aufteilen: Ein Drittel in Grund und Boden, ein Drittel in Handel, und ein Drittel in baren Mitteln.“
Diese Weisheit unterstreicht, wie zeitlos die Grundidee der Diversifikation ist. Die Empfehlung, in Grundbesitz zu investieren, entspricht heutigen Sachwerten; der „Handel“ lässt sich als modernes Pendant zu Finanzwerten wie Aktien interpretieren. Die „baren Mittel“ stehen für den dritten Teil: das liquide Kapital. Die Talmudregel hebt damit die Bedeutung hervor, stets flexibel zu bleiben und in Krisenzeiten nicht auf das gesamte Vermögen zugreifen zu müssen.
Die drei Speichen im Detail
- Sachwerte: Diese Kategorie umfasst Immobilien, Edelmetalle (z. B. Gold, Silber) und teilweise auch wertbeständige Kunstobjekte. Sachwerte gelten als relativ krisensicher, da sie unabhängig von kurzfristigen Marktschwankungen meist langfristig beständig sind. Allerdings ist gerade bei exotischen Sachwerten wie Kunst, Oldtimern oder Whiskey fundiertes Fachwissen notwendig, um werthaltige Investitionen zu tätigen.
- Finanzwerte: Finanzwerte umfassen Aktien, Anleihen, ETFs und Fonds. Diese Anlageform bietet langfristig oft hohe Renditen, ist jedoch auch mit einem höheren Risiko verbunden. Finanzwerte können je nach Marktphase stark im Wert schwanken, bieten aber über Jahre und Jahrzehnte oft ein hohes Wachstumspotenzial.
- Geldwerte: Zu den Geldwerten gehören liquide Mittel wie Bargeld, Tagesgeld und Festgeld. Sie ermöglichen schnellen Zugriff auf Kapital und sind daher besonders sicher, bieten jedoch nur geringe Renditen. Gerade in Zeiten hoher Inflation verlieren Geldwerte jedoch relativ an Kaufkraft, was ihre langfristige Schutzwirkung einschränkt.
Darüber hinaus empfiehlt es sich, eine vierte Speiche aufzubauen: eine finanzielle Reserve, die mindestens die monatlichen Fixkosten für 3–6 Monate abdeckt. Dieses Sicherheitsnetz hilft, unvorhergesehene finanzielle Engpässe wie Arbeitslosigkeit oder Krankheit zu überbrücken, ohne das langfristig gebundene Kapital anzutasten. Denn in Situationen, in denen Vermögenswerte unter Zeitdruck verkauft werden müssen, sind oft erhebliche Abschläge unvermeidlich.
Praxisbeispiele für verschiedene Vermögensgrößen
Beispiel 1: 5.000 Euro
- Sachwerte: 1.500 Euro (z. B. in Form von Edelmetallen wie Gold oder Silber). Immobilien sind hier weniger praktikabel, allerdings könnte eine langfristige Pacht eines Waldstücks oder eine Investition in einen landwirtschaftlichen Betrieb in Erwägung gezogen werden (z. B. durch die sogenannte „Kuhaktie“, bei der eine Rendite in Form von Lebensmitteln erwirtschaftet wird).
- Finanzwerte: 1.500 Euro (z. B. in einen breit gefächerten ETF auf den MSCI World Index).
- Geldwerte: 2.000 Euro (auf einem Tagesgeldkonto).
Beispiel 2: 10.000 Euro
- Sachwerte: 3.000 Euro (z. B. Gold, Silber, eventuell Industriemetalle wie Kupfer).
- Finanzwerte: 3.500 Euro (z. B. in ETFs oder Fonds investiert).
- Geldwerte: 3.500 Euro (auf Tagesgeld- oder Festgeldkonten).
Beispiel 3: 100.000 Euro
- Sachwerte: 35.000 Euro (z. B. durch Immobilien oder ein diversifiziertes Edelmetallportfolio).
- Finanzwerte: 35.000 Euro (z. B. in Aktien, ETFs und Anleihen investiert).
- Geldwerte: 30.000 Euro (auf Tagesgeld- und Festgeldkonten verteilt).
Die Notwendigkeit der regelmäßigen Neubewertung und Umverteilung
Eine der Kernaufgaben der Drei-Speichen-Regel ist die regelmäßige Überprüfung und Anpassung des Vermögens. Da sich die Wertverhältnisse der einzelnen Anlageklassen mit der Zeit ändern, ist es entscheidend, das Portfolio im Gleichgewicht zu halten. Dieser Vorgang wird als Rebalancing bezeichnet.
Warum ist Rebalancing notwendig?
- Wertänderungen: Aktien und andere Finanzwerte können innerhalb kurzer Zeit stark im Wert schwanken. Gleiches gilt für Immobilien oder Edelmetalle, deren Preisentwicklung durch wirtschaftliche Faktoren beeinflusst wird.
- Risikokontrolle: Wenn die Anteile der Anlageklassen unausgewogen werden, verändert sich das ursprünglich geplante Risikoprofil. Ein Übergewicht von Finanzwerten erhöht das Risiko, bei einem Marktrückgang überproportional Verluste zu erleiden.
Wann sollte man rebalancieren?
Es gibt keine festen Regeln, aber viele Anleger setzen auf regelmäßige Überprüfungen. Empfohlene Zeitpunkte:
- Jährliche Überprüfung: Mindestens einmal pro Jahr sollte das Portfolio überprüft und bei Bedarf angepasst werden.
- Schwellenwert-Methode: Manche Anleger passen das Portfolio an, wenn eine Anlageklasse um mehr als 5–10 % von der Zielaufteilung abweicht.
Wie funktioniert das Rebalancing?
Beispiel: Du hast ein Vermögen von 100.000 Euro und verfolgst die Drei-Speichen-Regel mit je 33 % pro Anlageklasse. Nach einem Jahr sieht das Portfolio wie folgt aus:
- Sachwerte: 40.000 Euro (durch Wertzuwachs bei Immobilien gestiegen).
- Finanzwerte: 30.000 Euro (aufgrund von Marktschwankungen gesunken).
- Geldwerte: 30.000 Euro (konstant geblieben).
In diesem Fall würde das Rebalancing bedeuten, 7.000 Euro aus den Sachwerten in die Finanzwerte zu übertragen, um wieder eine ausgeglichene Verteilung zu erreichen.
Fazit
Die Drei-Speichen-Regel bietet eine robuste, leicht verständliche Strategie zur Vermögensstreuung und zur Minimierung von Risiken. Doch der eigentliche Mehrwert liegt nicht allein in der einmaligen Vermögensaufteilung, sondern in der konsequenten und regelmäßigen Überprüfung und Anpassung. So bleibt das Portfolio stets stabil und an die aktuellen Marktbedingungen angepasst, während die Vorteile der Diversifikation optimal genutzt werden.